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Predigt zum 6. Sonntag nach Trinitatis
Reihe II
Rö.6,3-11 In der Taufe mit Christus gestorben und auferstanden
Thema:  Die Taufe setzt Neues

Predigt von Pfarrer Gunther Seibold, Hemmingen
gehalten am 11.07.2004 in Hemmingen
 

Liebe Gemeinde,

                          Taufe und Glauben

Zur Taufe haben wir im Konfi-Unterricht zwei Fragen aus dem Katechismus von Johannes Brenz zu beantworten gelernt zu Taufe und Glauben.

Wir haben das nicht abgesprochen, dass das jetzt drankommen könnte, aber ich will es einmal trotzdem versuchen: Antwortet ihr Konfis bitte gemeinsam auf meine Fragen?

   F: Welchen Glaubens bist du?

   A: Ich bin ein Christ (eine Christin).

   F: Warum bist du ein Christ?

   A: Darum, dass ich glaube an Jesus Christus und bin auf seinen Namen getauft.

Hier finden wir das von Johannes Brenz auf den Nenner gebracht, was die Taufe für unser Christsein bedeutet: Sie ist sozusagen die zweite Zeile unseres Glaubens, die äußerliche Seite unserer Christwerdung.

Um es mit einem Beispiel zu versuchen: Bei einem Brief ist das Entscheidende der Inhalt und nicht das Papier. Und trotzdem braucht der Brief das Papier und das Papier hilft, einen Inhalt aus flüchtigen Worten festzuhalten, so dass ich sagen kann: Hier steht es, ich kann mir das wieder und wieder klar machen und mich darauf berufen.

Die erste Zeile gehört dem Glauben. Der Glaube ist das Primäre, man muss nicht getauft sein, um zu glauben. Der Glaube rettet, nicht die Taufe an sich. Wer sich gegen den Glauben wendet, kann die Taufe unwirksam machen. Nach Mk.16 wird das Heil versäumen, wer nicht glaubt. Und auch die Taufe hält mich nicht, wenn ich ihr nicht glaube und ihr damit nichts zutraue.

Für den Glauben aber, auch für den kleinen und zweifelnden Glauben ist die Taufe das von Gott gegebene und von Jesus Christus selbst befohlene Zeichen der Zugehörigkeit zu diesem Glauben.

Christ und Christin im offiziellen Sinn mit entsprechendem Eintrag in Kirchenbücher und Standesakten werden wir durch die Taufe. Die Taufe ist damit Dokument meines Glaubens und ich kann mich an meine Taufe halten, auch wenn mir gerade innerlich manches zerbrochen ist.

Deshalb ist die Taufe so wichtig. Deshalb ist es gut, dass wir an unsere Taufe immer wieder denken. Deshalb ist es gut, dass es diesen 6. Sonntag nach Trinitatis gibt, der dem Leben aus der Taufe gewidmet ist.

                  Bilder für die Taufe

Was ist nun die Taufe?

Die Taufe beginnt in der Bibel mit Johannes dem Täufer. Er tauft zur Buße und Vergebung der Sünden und er tauft mit Wasser. Das Wasser ist Symbol dafür, dass eine Reinigung stattfindet, dass die Sünden symbolisch abgewaschen werden und der Mensch frisch und gereinigt neu anfangen kann.

Die Taufe wird dabei mit der Reinigung und mit dem Abwaschen verglichen. „Lass dich taufen und deine Sünden abwaschen“, so heißt es in dieser Vorstellung auch in Apostelgeschichte 22,16.

Wer die Johannestaufe erhalten hatte, konnte frisch und gereinigt neu anfangen, aber ohne einen neuen Glauben.

Mit Jesus kam nun aber auch ein neues Glauben in die Welt. Die Taufe, mit der die Jünger nach der Auferstehung Jesu die Menschen tauften, die war die Taufe in einen neuen Glauben hinein, den Glauben an den auferstandenen Jesus.

Um es in KfZler-Sprache zu versuchen: Es geht seit Jesus in der Taufe nicht bloß um eine Runderneuerung, sondern um einen neuen Reifen.

Die Christen in der Bibel haben auf verschiedene Weise versucht, das in Vergleichen auszudrücken. Meistens haben sie sich dabei von der Taufhandlung selbst inspirieren lassen und Vergleiche gesucht, in denen das Wasser vorkam. Aber eben nicht mehr nur als äußerliches Reinigungsmittel.

Im 1. Petrusbrief steht beispielsweise: „In der Taufe wird nicht der Schmutz vom Leibe abgewaschen, sondern es geht um ein erneuertes Gewissen durch die Auferstehung Jesu Christi.“ (nach 1.Pt.3,21)

Oder an anderer Stelle wird vom „Bad der Wiedergeburt“ gesprochen (Tit.3,5), oder von der Wiedergeburt als einer neuen Geburt durch Wasser und Geist (Joh.3,3.5).

Dass es nicht um Äußerliches geht, sondern um eine völlige Erneuerung, drücken viele Christen früher und heute dadurch aus, dass sie die Täuflinge bei der Taufe ganz untertauchen. Dann hat man sozusagen ein kräftigeres Zeichen, aber es bleibt Zeichen und der Unterschied ist von daher nicht so entscheidend.

Wenn man im Wasser ganz untertaucht, dann ist das Wasser plötzlich gar nichts einfach Liebliches und Frisches, sondern etwas Bedrohliches. Wie bei der Sintflut schwappen die Wogen über dem Täufling zusammen. Dass der Getaufte dann wieder herauskommt ist wie die Rettung aus dem Tod. Der 1. Petrusbrief spricht bei diesem Vergleichspunkt von der Rettung der Seelen durch das Wasser hindurch, wie bei Noah in der Sintflut damals (1.Pt.3,20).

Damit sind wir über verschiedene Vergleiche aus der Bibel nun ganz nah angekommen beim gewissermaßen „härtesten“ Bild für die Taufe, das uns Paulus liefert. Untertauchen ist Tod und wieder auftauchen ist wie eine Auferstehung.

Diese Tauferfahrung hat den Theologen Paulus dazu herausgefordert, die Taufe theologisch besonders tief zu durchdenken. Das Ergebnis seines Denkens finden wir im Römerbrief im 6. Kapitel und Sie dürfen sich jetzt freuen auf ein besonderes Stück Tauftheologie. So radikal wie Paulus hat keiner in der Bibel formuliert, wie fundamental der Vorgang ist, um den es bei der Taufe geht!

                Textlesung mit Einschüben

Ich habe den Text vorbereitet zum Mitlesen, weil es so gehaltvolle Worte sind. Dabei fängt es an mit einer Unterstreichung, die das benennt, um was es gehen soll: In welchem Zustand wir durch die Taufe leben als Christen.

Dann hat Paulus seinen Text so aufgebaut, dass immer ein Teil vom Tod des Alten einem Satz vom neuen Leben gegenübergestellt wird.

Also:

Wißt ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod,

Paulus schreibt an die Römer also und meint, dass das, was er da schreibt, doch wohl alle wissen: Wer auf Christus getauft ist, ist in seinen Tod getauft. Ich habe mich gefragt, ob Sie als Gemeinde heute das wohl alle gewusst haben?

Wahrscheinlich denken wir uns das selten so und sagen es erst recht nicht, weil wir einen Tod mit etwas Negativem verbinden. Paulus geht es aber um die theologische Bedeutung und da denkt er bei Jesu Tod an das Positivste, was der Menschheit im Blick auf die bösen Mächte der Sünde passieren konnte: Jesus nahm die Sündenfolge in seinem Tod auf sich und damit lief die Sünde für Paulus sozusagen ins Leere, denn Jesus trug sie und besiegte den Tod durch die Auferstehung.

Wenn Paulus hier also vom Tod spricht, dann meint der den Sieg über den Tod. Dann meint er die Befreiung von der Sünde. Das bringen wir ja dann durchaus auch unsererseits in Verbindung mit der Taufe. Das Fundamentale ist bei Paulus, dass wir als Getaufte nicht in einem erneuerten, sondern in einem neuen Leben wandeln:

damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln.

Paulus verbindet also das, was am Kreuz geschah, als Jesus starb für uns, mit dem, was bei der Taufe geschieht. Bei Jesus lief die Sünde theologisch ins Leere und das Leben siegte und so soll auch bei unserer Taufe das Böse ins Leere laufen und ein neues Leben entstehen.

Damit habe ich schon gesagt, was Paulus weiter schreibt:

Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleichgeworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein.

Taufe nimmt in das Christusgeschehen hinein. Was Jesus damals für alle tat, das erreichte mich in meiner Taufe persönlich. Da werde ich zeichenhaft mit hineingenommen. Und das Ergebnis ist, dass ich im Leben seiner Auferstehung stehen kann!

Wir wissen ja, da setzt Paulus schon wieder voraus, dass seine Leser darüber schon vorher gut informiert sind! also: wir wissen ja daß unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, so daß wir hinfort der Sünde nicht dienen. Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. Hier sind wir am entscheidenden Punkt angelangt, warum Paulus sich um diesen hochtheologischen Vergleich bemüht. Taufe macht nicht nur ein bisschen weniger sündig, ist nicht nur eine Reinigung von ein paar Sünden, sondern Taufe macht frei von der Sünde.

Jetzt wird es interessant. Ich denke, wir sind heute konzentriert genug, um den feinen Unterschied kennenzulernen, der hier entscheidend ist. Es geht um den Unterschied von „der Sünde“ und „den Sünden“.

Was ist schlimmer? „Die Sünde“ oder „die Sünden“? Die Antwort muss sein: „Die Sünde“. Mit „Sünden“ in der Mehrzahl bezeichnen wir nämlich konkrete Vergehen, wenn wir zu viel gegessen oder zu wenig bezahlt haben oder wenn wir gelogen haben. Das sind im Vergleich zur Taufe und zum Kreuz Christi allerdings lediglich Einzelheiten. Wenn Paulus von „der Sünde“ spricht, dann meint er die Gesamtheit, dann meint er die Sündenmacht.

Dann meint er das, was die Menschheit seit Urzeiten erlebt: Dass der Mensch in sich oder außer sich eine Veranlagung hat, die ihn Böses vollbringen lässt. Gerade der, der sich immer strebend bemüht um das Gute, stellt am meisten fest, dass er es nicht erreicht. Rückfälle, Zweifel, Heimtücke, Neid oder auch die Schwäche, einer Versuchung nachzugeben – das steckt in uns und lässt uns dies Gegenmacht des Guten erfahren. Das sind nicht Einzelheiten, sondern das geht ins Grundsätzliche.

Und dazu sagt Paulus: Mit der Taufe ist im Grundsätzlichen geklärt, dass ihr Christus gehört. Die Sünde werdet ihr immer wieder spüren, aber sie läuft ins Leere, weil sie euch im Letzten nichts mehr anhaben kann. Ihr seid für sie gestorben, seid unerreichbar für sie.

Mit einem extremen Beispiel gesagt: Wenn mich einer erschießen will, dann ist die beste Gegenwehr die, dass ich gar nicht da bin, sondern an einem sicheren Ort. So versteht Paulus das mit der Sünde und dem Tod. Wir können als Getaufte sagen, wenn das Böse kommt: Meinen Leib magst du treffen, aber ich bin schon längst in einem Leben, das du nicht triffst.

Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, daß wir auch mit ihm leben werden, und wissen, daß Christus, von den Toten erweckt, hinfort nicht stirbt; der Tod kann hinfort über ihn nicht herrschen.

Wenn wir das von Paulus verstanden haben, dann können wir, denke ich, auch nachvollziehen, wie Paulus zu den Sätzen der Glaubensgewissheit kommt, die den Römerbrief prägen. Aber das führt jetzt zu weit.

Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben ein für allemal; was er aber lebt, das lebt er Gott. So auch ihr, haltet dafür, daß ihr der Sünde gestorben seid und lebt Gott in Christus Jesus.

Dieser letzte Satz unseres Predigtabschnitts drückt es noch einmal aus, was nun schon gesagt war: Paulus geht es ums Grundsätzliche, um ein „ein für allemal“.

Als wir am Mittwoch im Konfi auch in einer kleinen Gruppe einen Blick in diesen Text geworfen haben, hat eine von euch viel von dem verstanden, was da stand und sie stellte die naheliegende Frage, die die Christen damals an Paulus auch gestellt haben: Begehen die Christen nach der Taufe dann also keine Sünden mehr?

Die Antwort haben wir jetzt vielleicht: Sie heißt, doch, leider ist das so. Es gehört zu unserem Menschsein. Durch die Taufe ist unser Menschsein ja nicht aufgehoben. Der Neid ist beispielsweise eine Empfindung, mit der wir weiter umzugehen haben. Die „Sünden“ kommen weiterhin vor, aber die „Sünde“ ist im Letzten besiegt. Und Paulus hat es bei sich selbst erlebt, dass er mit deisem Glauben aus der Taufe besser leben kann  und stärker ist gegen die Sünden, weil er weiß, dass die Sünde im Letzten besiegt ist. Wenn ich neidisch werde, kann ich dann auch einmal sagen: Ich brauche das nicht, weil ich in Gott alles habe.

Vielleicht kann man sich das so vorstellen, wie wenn man ein Haus baut: das geht von einem vollen Bankkonto herunter mit einem anderen Gefühl und leichter als von Geld, das als Kredit genommen wird. Obwohl Geld Geld ist. (für Jugendliche: Prepaid und Vertrag beim Handy)

              Schlussvergleiche

Ich habe die Predigt angefangen mit biblischen Vergleichen zur Taufe. Jetzt will ich noch einen moderneren Vergleiche nennen für das, um was es Paulus an dieser Stelle ging. Wie es Vergleiche immer tun hinken sie alle. Aber vielleicht helfen sie auch.

Man hat die Taufe mit einem rettenden Seil verglichen, das einem Schwimmer im Fluss zugeworfen wird. In dem Moment, wo er das Seil ergreift, hat er Verbindung zum rettenden Ufer. Die Fluten setzen ihm weiter zu, aber sie können nicht mehr entscheidend treffen.

Ich komme noch einmal auf die beiden Fragen von Johannes Brenz zurück. Sie können diese im Gesangbuch finden auf der Seite 1485. Schlagen Sie es bitte einmal auf.

Dem Glauben gehört die erste Zeile, aber die Taufe gehört zum Glauben als Fundament meines Christseins. Wenn mein Glaube schwach ist, dann kann ich mich auf die zweite Zeile von der Taufe stützen. Ich kann dem Zweifel entgegenhalten: Wenigstens weiß ich, dass ich getauft bin.

Das ist dann ein kleiner Glaube, aber einer, der einen Halt hat, so wie diese Verbindung zum rettenden Ufer.

Die Antworten von Johannes Brenz eignen sich nicht nur, um sie andern zu sagen, sondern gerade auch zur eigenen Vergewisserung: Warum bin ich ein Christ? Vielleicht sprechen Sie mit mir diese Sätze nun gemeinsam:

F: Welchen Glaubens bist du?

A: Ich bin ein Christ (eine Christin).

F: Warum bist du ein Christ?

A: Darum, dass ich glaube an Jesus Christus und bin auf seinen Namen getauft.

Amen.

 

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