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Predigt zum 8. und 11. Sonntag nach Trinitatis
Reihe I
Matthäus 5,13-16 und Lk. 18,9-14 Salz und Licht / Pharisäer und Zöllner
Thema: Christen, zeigt euch, aber nicht selbstgefällig! 

Predigt von Pfarrer z.A. Gunther Seibold, Urbach
gehalten am 10.08.2003 in Sulzbach/Murr und am 31.08.2003 gekürzt in Plüderhausen 

Liebe Gemeinde in Sulzbach,

als Sie sich heute morgen strahlend aufgemacht haben,
vor die Tür getreten und zum Gottesdienst gekommen sind,
sind Sie da jemand begegnet?

Vielleicht haben Sie Nachbarn bereits beobachtet
oder sonst jemand im Dorf.
Spätestens hier in der Kirche
sind Menschen da, die Sie wahrgenommen haben.

Dadurch, dass wir beim Kirchgang gesehen werden,
sind wir schon mitten drin im Thema
meiner Predigt.
Denn das ist nun spannend:
Ist es gut, dass der Gottesdienst ein Anlass ist,
bei dem wir Christen gesehen werden
oder ist die Sache kritisch,
weil die Leute sagen:
Der geht ja nur, damit man ihn sieht,
wie toll er ist?

Diese Fragen werden unser gemeinsames Nachdenken
heute Morgen bestimmen.

Ich lese dazu den Predigttext,
Verse aus der Bergpredigt Jesu
im Matthäusevangelium im 5. Kapitel (13-16):
13 Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als daß man es wegschüttet und läßt es von den Leuten zertreten.
14 Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein.
15 Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind.
16 So laßt euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.


Ganz klar:
Christen sollen sich zeigen in der Welt!
Lasst euer Licht leuchten!
Lasst euch sehen als Stadt auf dem Berge!
Seid Salz, seid Würze in der faden Suppe der Welt!

Doch halt!
Ist das so klar?
Haben wir es nicht schon oft anders gehört?
Seid still, bescheiden und demütig!
Wer sich selbst darstellt, wer sich selbst erhöht,
der wird erniedrigt werden,
sagt Jesus an anderer Stelle.

Also doch nicht sich herausstellen,
nicht auf dem Berge sich zeigen,
sich nicht für so wichtig nehmen wie Salz in der Suppe ist?

Mir ist dieser Widerspruch,
dieses spannungsvolle Nebeneinander
von sich zeigen und sich demütig verbergen
zum Thema dieser Sommerferien geworden.

Als ich die Predigttexte aufschlug,
die ich heute und am 31. August predigen sollte,
da war das zum einen der eingangs gelesene Text
mit den Worten, die zum leuchten in der Welt aufrufen.
Zum andern aber schlug ich für den 31. August
die Stelle auf, in der Jesus vor der Selbstdarstellung warnt
in Lukas 18.

Ich habe dann beschlossen,
dass beide Texte um der Sache willen zusammengehören.
Mein Thema ist die Frage,
Ob und wie sich Christen in der Welt zeigen,
sich darstellen und dadurch Zeugnis ablegen sollen,
bzw. wo die Grenzen für solche zeugnishafte Darstellung liegen.

Unter diesem Thema möchte ich daher heute beide Texte predigen.
Dass ich der Predigt vom 31. August dabei viel vorgreife,
glaube ich nicht, weil ich die folgende Geschichte aus Lukas 18
nur unter diesem Aspekt der Darstellungsfrage aufgreifen will:

9 Er sagte aber zu einigen, die sich anmaßten, fromm zu sein, und verachteten die andern, dies Gleichnis:
10 Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.
11 Der Pharisäer stand für sich und betete so: Ich danke dir, Gott, daß ich nicht bin wie die andern Leute, Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner.
12 Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme.
13 Der Zöllner aber stand ferne, wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig!
14 Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.


In drei mal drei Teilen möchte ich
der Frage nach dem persönlichen Zeugnis des Glaubens in der Welt
nachgehen:

Punkt 1 ist das klare JA und die Ermutigung
zum christlichen Zeugnis vor der Welt.
Punkt 2 stellt kritische Fragen an die öffentliche Selbstdarstellung,
fragt, wie das christliche Zeugnis Gestalt finden soll
und wo Grenzen sind.
Unter Punkt 3 will ich drei positive Kriterien
für ein gelingendes Zeugnis der Christen in der Welt
beleuchten.
Mit einem Satz gesagt ist meine Gliederung
zum persönlichen christlichen Zeugnis:
„(1) Ein klares Ja, (2) aber nicht so, (3) sondern so.“

1. Ein klares Ja zum christlichen Zeugnis vor der Welt

a) Ermutigung (kein Appell)

Mich beeindruckt in diesen Versen vom Salz,
vom Licht und von der Stadt auf dem Berge
die ungeheure Selbstverständlichkeit,
mit der hier das christliche Zeugnis dargestellt wird.

Das ist kein Appell zu etwas,
was erst überlegt oder probiert werden muss.
Keine Aufforderung,
dass wir erst noch etwas werden,
was wir noch gar nicht sind.

Im Gegenteil:
Jesus sagt: Ihr seid das Licht.
Ihr seid das Salz.
Und die gesamte Lebensweisheit spricht
selbstverständlich davon,
dass Licht leuchtet,
dass es auf einen Leuchter gehört
und nicht unter einen Eimer mit dem Maß eines Scheffel.
Ganz klar,
Licht lässt man leuchten,
so wie eine Stadt auf dem Berge einfach
gut sichtbar ist.

Wegen dieser Klarheit,
dass dieses Leuchten keine Frage ist,
entdecke ich in diesen Versen
viel mehr Zuspruch als einen Appell.
Jesus ermutigt uns,
das Licht auch zu sein, das wir sind.
Das Salz sollen wir auch sein, das wir sind.

Wenn wir morgens zum Gottesdienst gehen,
dann verstecken wir uns nicht.
Wenn wir unsere Hochzeit kirchlich feiern,
dann lassen wir fröhlich unser Christsein leuchten.
Wenn wir als Nachbarschaftshilfe alleinstehende und gebrechliche Menschen besuchen, dann machen wir das nicht heimlich.

Wenn das jemand sieht,
dann macht das nichts.
Im Gegenteil:
Jesus erhofft sich vom Leuchten der Christen in der Welt,
dass andere dadurch angestoßen werden,
selbst zu leuchten und sich an Gott zu wenden.
Aus dem Leuchten der Christen
darf ein Dank anderer an Gott werden.

Da danken Menschen Gott dafür,
dass sie einer aus der Gemeinde besucht hat.
Oder dafür,
dass einer die Jungschar macht
und dadurch Kinder und Eltern erfreut.

b) Ohne Zeugnis kein Glaube

Wenn Christen nur unter sich bleiben würden,
wenn Glaube nur Privatsache bleiben würde,
dann wäre es bald aus mit der Gemeinde.
Neuer Glaube entsteht nur durch das Zeugnis anderer Christen.
Eine Fackel muss die nächste anzünden.

Darauf sind gerade schon gestoßen:
Christen können durch ihr Verhalten andere dazu anstoßen,
selbst sich mit dem Licht auseinanderzusetzen,
selbst zum Licht Gottes zu kommen
und im Glauben zu leben.

Ich möchte freilich über diesen allgemeinen Punkt hinaus
noch einen etwas heikleren ansprechen:
Es geht dabei um das Zeugnis nicht nur nach außen,
sondern auch innerhalb der Gemeinde.
Ich möchte dazu anstoßen,
in der Gemeinde auch zu einem Austausch
über das alltägliche Glaubensleben zu kommen.

Woher sollen Menschen, die neu im Glauben sind,
erfahren,
wie man Bibel liest,
wann man dafür gute Zeiten im Tageslauf finden kann,
wie man mit seinem Geld umgehen kann,
wie man Sexualität verantwortlich leben kann
und vieles andere mehr?

Ich denke, dass Theorie von der Kanzel
oder im Unterricht
viel weniger erreicht als wenn es lebendige Beispiele
für ein Leuchten des Glaubens im Alltag gibt.
Und es braucht dafür eine gewisse Bekanntheit davon,
dass da Menschen sind,
die täglich eine ganze Zeit für das Gebet und die Bibel reservieren.
Dass da in der Gemeinde einige sind,
die den biblischen Maßstab des Zehnten anwenden
für Spenden an die Gemeinde und soziale Projekte.
Es nützt in der Gemeinde noch mehr,
wenn da eine nicht nur jeden Tag zwei einsame Menschen besucht,
sondern wenn das auch so bekannt ist,
dass sie anderen Menschen ein Vorbild sein kann.

Das ist häufig gar nicht gängig in Gemeinden,
weil es Punkte betrifft,
über die „man“ nicht spricht.
Unser Wort vom Licht der Welt ermuntert aber gerade dazu,
dort Licht und Salz zu sein,
wo das Dunkel des Tabus regiert
oder die Fadheit der Unverbindlichkeit.

In anderen Bibelstellen vom Licht in der Welt
geht es auch darum, wie sich Christen in der Welt darstellen.
Christen sollen unterscheidbar sein,
erkennbar.

Menschen, die sich zu ihrem Christsein bekennen
und ein lebendiges Zeugnis sind,
die tragen dazu bei,
dass Christsein erkennbar wird.
Und es heißt dazu:
An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen! (Mt.7,16)

c) Selbstvergewisserung und Stärkung

Abschließend zu diesem JA zum öffentlichen Zeugnis
möchte ich noch auf
eine innere Funktion des öffentlichen Zeugnisses hinweisen:
Im Text ist dies dadurch angedeutet,
dass sowohl vom Licht als auch vom Salz gesagt wird,
dass es nur dann Licht bleibt und Salz,
wenn es auch scheint beziehungsweise würzt.

Ein Licht unter dem Scheffel erstickt und geht aus.
Und ein Salz, das nicht salzt, taugt nur noch zum Wegwerfen.

Wer es wagt, sich öffentlich zu seinem Glauben zu bekennen,
der kann damit rechnen,
dass er Leuchten und Würzen erlebt
und damit selbst wiederum in seinem Glauben gestärkt wird.

2. Kritische Kriterien zum christlichen Zeugnis

Nach so viel Ermutigung zum Zeugnis vor der Welt
kommen jetzt die prüfenden Fragen,
angestoßen vor allem durch diese Beispielerzählung Jesu
vom Pharisäer und vom Zöllner.

Hier wird der getadelt,
der sein Gebet für alle sichtbar abgehalten hat
und der sich seiner Frömmigkeit rühmt,
wie sie ihn seiner Meinung nach von der Masse positiv abhebt.
Der Pharisäer hat bestimmt alles das,
wovon er spricht, auch eingehalten:
Er lässt sich nichts vor dem Gesetz zu Schulden kommen,
fastet zweimal die Woche
und gibt für Gott 10 % seiner Geldeinnahmen.

Aber Jesus tadelt ihn,
weil er dieses alles nicht zu Gottes Ehre,
und nicht im Dienst der Menschen unternimmt,
sondern um selbst besser dazustehen als andere.
Das formuliert er im Gebet
und das führt seinen Eifer ad absurdum.

Plötzlich wird ihm der Zöllner überlegen,
der gar nichts vorzuweisen hat vor Gott.
Er kommt und gibt sich wirklich ganz Gott hin.

„Wer sich selbst erhöht,
der wird erniedrigt werden;
und wer sich selbst erniedrigt,
der wird erhöht werden.“

Aus diesem Kriterium Jesu möchte ich
drei kritische Rückfragen
an das jeweilige christliche Zeugnis formulieren:

a) Erstes kritisches Kriterium: Wem dient ein christliches Zeugnis?

Menschen, deren Selbstspiegelei offensichtlich ist,
werden auch von andern als solche meistens erkannt.
Sie sind gar nicht so das Problem in der Gemeinde.

Ich denke vielmehr an die Grenzfälle.
Und diese ergeben sich ganz natürlich:
Wer super Andachten hält in der Jugendarbeit,
der fördert nicht nur den Glauben dadurch,
sondern den finden die Menschen
auch persönlich super.
Oder wer die geistliche Musik einmalig schön interpretiert,
der bekommt danach auch persönlich kräftigen Beifall.

Vom Lob Gottes zur Verherrlichung der Menschen
ist da der Weg manchmal nicht weit.
Es geht dabei um eine unvermeidliche Gratwanderung,
denn einerseits sollen wir unsere Gaben einsetzen,
sollen wir unser Licht leuchten lassen,
und andererseits setzen wir uns dabei der Gefahr aus,
dass wir uns selbst erhöhen.
Es kann trotzdem nicht so sein, dass wir uns extra schlecht darstellen und als Christen etwa absichtlich schäbige Kleidung tragen.

Mir stellt sich bald das Problem,
dass ich mich auf eine Pfarrstelle bewerben soll.
Was soll ich dann machen?
Von guten Noten erzählen, meine Leistungen aufführen,
meine Stärken zeigen?
Das wird von mir erwartet und heißt doch,
dass ich auf gewisse Weise mich selbst erhöhen muss.

Ich denke, dass der gesamte Lebenszusammenhang
in diesen Fällen zeigen muss,
ob ein Mensch sich wirklich selbst erhöht,
oder ob er seine Gaben im Dienst Gottes und der Gemeinde einsetzt.

Ich sehe in diesem Zusammenhang eine Möglichkeit,
sich diese kritische Prüfung bildhaft klarzumachen:
Leuchtet in meinem christlichen Zeugnis die Liebe Gottes,
die mich angesteckt hat -
oder mache ich künstliches Licht?
Ist Gott die Quelle meines Lichtes -
oder lasse ich mich eher beleuchten von der Anerkennung der Leute?
Wo also ist die Lichtquelle?
Wenn meine Lichtquelle in Gott ist,
dann wird auch mein Leuchten ein Leuchten für Gott sein.
Da bin ich sicher,
denn dann macht mein Leuchten Gott groß.

b) Zweites kritisches Kriterium: Ist das Zeugnis wahr?

Die Frage ist absichtlich so gestellt:
Ist das Zeugnis wahr?
Nicht: Ist das Zeugnis richtig.
Denn häufig werden viele Richtigkeiten genannt
und es ist dennoch im Ganzen nicht wahr.
Dafür ist der Pharisäer ein Beispiel.
Es stimmte sicher, was er für sich reklamierte,
es war richtig.
Aber es war deshalb noch lange nicht wahr,
dass er den besseren Glauben besaß.

Ich denke daran beim Zuhören
oder beim Vorbereiten von Lebensläufen,
speziell bei Beerdigungen:
Klar ist, dass nur Richtiges gesagt werden darf.
Aber manchmal muss man sich fragen,
ob die Auswahl auch so ist,
dass das Gesagte wahr ist.

Auch haben wir wieder die Gratwanderung:
Um des christlichen Zeugnisses ist es wichtig,
dass wir von einem Leben erzählen,
damit Gott gedankt und gelobt werden kann für das,
was er mit einem Menschen und durch einen Menschen gegeben hat.
Andererseits soll davon so wahr gesprochen werden,
dass es im Licht Gottes Bestand hat.
Dann dient es der Größe Gottes manchmal auch mehr,
wenn ein Menschen weniger glorifiziert wird.

c) Drittes kritisches Kritierium: Macht ein Zeugnis Druck oder Zwang?

Wo ein christliches Zeugnis Druck ausübt
oder in einen Zwang führt,
da wird es falsch und verwerflich.

Dieses Kriterium greift,
wenn einer zeigt wie er lebt,
damit alle andern auch so leben sollen.
Das gelebte christliche Zeugnis kann immer nur ein Angebot sein,
nie ein Gebot.
Das Gebot ist Sache des Wortes Gottes
und wird in kirchlichen Ordnungen
auf der Basis theologischer Begründungen formuliert.
Das Zeugnis ist seinem Wesen nach immer Angebot.
Ein Beispiel, nicht die Norm.

Wo einer sein Beispiel gibt, um eine Norm aufzustellen,
dort empfinden die andern schnell,
dass ein unchristlicher Zwang dahinter steckt.
Da mag es um etwas noch so Richtiges und Wichtiges gehen.

Die Kirchengeschichte hat gezeigt,
dass der Schuss nach hinten losging,
als der Zöllner im Beispiel Jesu zur Norm erhoben wurde:
Als ob sich Christen immer in den Winkel verkriechen sollten,
gebückt, gedemütigt, traurig und grenzenlos sündenbewusst.
Unter dieser Norm wurde allzu oft
kirchliche Macht ausgeübt,
wurden Kinder Gottes klein gehalten,
die doch Lichter waren und Salz.

3. Drei positive Kriterien zum christlichen Zeugnis

Manches für ein positives christliches Zeugnis ist schon angeklungen,
zum Beispiel dass es wahr und echt sein kann,
dass es selbstverständlich sein kann
und so frei und ohne Druck.

Ich möchte noch drei positive Kriterien hinzufügen:

a) Erstes positives Kriterium: Ist ein christliches Zeugnis unabhängig von der Leistungsskala der Welt?

Vieles im christlichen Leben läuft nach Kriterien ab,
die auch sonst in der Welt gelten:
Musik ist besonders gut, wenn sie musikalisch perfekt
und dazu innig und mit Überzeugung dargeboten wird.

Manches aber gehorcht im christlichen Zeugnis
nicht der Leistungsskala in der Welt:
Beispiele für solche christlichen Zeugnisse finden sich dort,
wo Menschen wie Mutter Teresa
sich nicht an den Standards der Leistungsgesellschaft orientieren,
sondern sich den Ausgestoßenen an den Rändern zuwenden.

Nächstenliebe als christliche Haupttugend
ist unabhängig vom Leistungsdenken der modernen Gesellschaft.

b) Zweites positives Kriterium: Hebt ein christliches Zeugnis einen hervor oder ist es getragen von der Gemeinde?

Wo einzelne ganz in den Vordergrund treten,
lauert die Gefahr der Erhöhung von Menschen
auf Kosten Gottes und der christlichen Gemeinschaft.

Auch wo Menschen sich selbst rühmen,
wird es kritisch,
während es dem Lob Gottes viel stärker dienen kann,
wenn andere in der Gemeinde
vom christlichen Zeugnis eines andern erzählen.

Das lässt sich gut an Beispielen von vorhin zeigen:
Wenn einer öffentlich von sich erzählt,
dass er täglich eine halbe Stunde intensiv für die Gemeinde betet,
dann ist das schwieriger einzuordnen,
als wenn ein anderes Gemeindeglied davon berichtet,
dass Frau XY so für die Gemeinde einsteht.

Damit das so werden kann,
brauchen wir in den Gemeinden
ein Hin- und Hererzählen der positiven Eigenschaften von Menschen.
Beim Fleckengeschwätz wird so oft nur hergezogen über andere.
Es wäre wirklich ein Gewinn,
wenn bewusst positiv
über Brüder und Schwestern in der Gemeinde weitererzählt würde.

Auch dass man zu einem Menschen sagt,
was einen an seinem Glauben beeindruckt,
dient dem christlichen Zeugnis.
Denn dann muss dieser andern nicht sagen,
wie großartig er seinen Glauben lebt.
Er kann vielmehr davon erzählen,
wie wichtig ihm der Glaube an Gott ist
und dass ihm das auch andere erzählen,
dass sie ihm das abspüren.

c) Drittes positives Kriterium: Ist ein christliches Zeugnis situationsgerecht?

Für diesen Punkt bietet Jesus mit diesem spannungsvollen Gegenüber zweier Impulse ein Beispiel:
Zum einen ruft er die Jünger zum öffentlichen Glaubenszeugnis auf.
Sie sollen Licht der Welt sein mit ihrem Glauben.

Zum andern warnt er vor der öffentlichen Glaubensausübung.
Christen sollen unbeeindruckt von Äußerlichkeiten
vor ihrem Gott leben und im Extremfall
dazu das sprichwörtlich gewordene stille Kämmerchen aufsuchen.

Ich denke, dass Jesus damit situationsgerecht argumentiert:
Leute wie der Pharisäer haben es nötig,
dass ihnen die Gefahren ihres Verhaltens vor Augen geführt werden.
Und Leute wie verzagte Jünger
brauchen die Ermutigung,
mit ihrem Glauben auch vor die Leute zu treten
und Salz und Licht der Welt zu sein.

Für die Gemeinde im Allgemeinen
habe ich dazu aus meiner Sicht viele Dinge angedeutet.

Was ihre persönliche Situation ist,
wissen Sie besser als ich und als andere.
Betrifft Sie die Warnung
vor der scheinheiligen Zurschaustellung ihres Glaubens?
Oder brauchen Sie mehr Ermutigung,
Licht der Welt zu sein?


Unsere gegenwärtige Situation sehe ich so,
dass Christen ihr Licht durchaus mehr leuchten lassen dürfen.
Jesu Wort vom Licht und Salz
ist die Einladung dazu.
Wir werden es dann nicht pharisäerhaft tun,
sondern aus der Nächstenliebe, in Gemeinschaft
und in Freiheit und Natürlichkeit.

Jesus sagt: Ihr seid Licht der Welt.
Also lasst uns es einfach leuchten!
Amen.


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