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Predigt zu Epiphanias (Dreikönigstag)
Reihe I
Matthäus 2,1-12a
Thema:  Was Gold, Weihrauch und Myrrhe sagen

Predigt von Pfarrer z.A. Gunther Seibold, Urbach
gehalten am 05.01.2003 in Oberberken und am 06.01.2003 in Winterbach    

Liebe Gemeinde in Oberberken/Winterbach,

seit dem Heiligen Abend ist es jetzt bald zwei Wochen her, aber das Christfest geht weiter! In diesen Tagen 2. Sonntag nach dem Christfest + Erscheinungsfest, auch Heilige Drei Könige genannt, am 6. Januar, dem Christfesttermin der orthodoxen Kirchen.

Texte zur Predigt sind jetzt gerade Geschichten,  die die Geschichte der Heiligen Nacht fortsetzen, Geschichten vom Christus, der da geboren wurde. (Der Baum steht, die Lichter brennen). Es ist die Zeit nach Weihnachten, die uns dazu ruft, den, der da geboren wurde,  nicht wieder zu vergessen,  sondern seinen weiteren Weg anzuschauen. In diesen Tagen geht es dazu mit den andern Geschichten zum neugeborenen Kind weiter,

• Begegnungen mit Menschen, die auf den Messias, den Erlöser Israels gewartet haben.

• Der kleine 12jährige Jesus.

Heute die Geschichte von den 3 Weisen. Ich möchte sie heute genau in diese Dynamik hineinstellen, dass es von der Krippe aus weiter geht. Aus dem Kind im Stall wird im Weiteren der Jesus, der in Israel so vieles auf den Kopf stellt. Er wird der, der gekreuzigt wird und aufersteht, er wird der, an den wir Christen glauben.

Was es bei den Weisen in der Geschichte nun ist, das über Weihnachten hinausweist, sind vor allem die Geschenke, die sie dem Kind bringen. Sie weisen über den Tag hinaus auf das ganze Leben dieses neu geborenen Menschen Jesus. Dazu nachher mehr.

Mt 2,1-12 1 Als Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: 2 Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten. 3 Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem, 4 und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Christus geboren werden sollte. 5 Und sie sagten ihm: In Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den Propheten (Micha 5,1): 6 »Und du, Bethlehem im jüdischen Lande, bist keineswegs die kleinste unter den Städten in Juda; denn aus dir wird kommen der Fürst, der mein Volk Israel weiden soll.« 7 Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und erkundete genau von ihnen, wann der Stern erschienen wäre, 8 und schickte sie nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr's findet, so sagt mir's wieder, daß auch ich komme und es anbete. 9 Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war. 10 Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut 11 und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe. 12 Und Gott befahl ihnen im Traum, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren; und sie zogen auf einem andern Weg wieder in ihr Land.

Als Gliederung für die Predigt ordne ich im Folgenden die drei Geschenke der Weisen den drei Hauptfunktionen zu, die Jesus Christus in der christlichen Glaubenslehre traditionell bekommen hat. Man sprach dabei von den 3 Ämtern Christi als König, Priester und Prophet.

 Zum ersten Geschenk und zum ersten Amt: Die Weisen bringen Gold, Zeichen für den König Christus

Unsere Geschichte ist ja bekannt als die von den drei Königen. Aber eigentlich kommen nur zwei Könige hier in der Geschichte vor: Da ist zum einen der König Herodes, den die Nachricht von einem neugeborenen König aufschreckt und der sein Königtum bedroht sieht. Und zum andern ist da das kleine Kind, vor dem sie als vor einem König niederfallen. Die fernen Besucher schenken dem kleinen Kind Gold, das königliche Metall, Glanz und Wert in einem.

Die fernen Besucher freilich sind entgegen der landläufigen Meinung nicht als Könige bezeichnet.

- Übrigens ist noch manches sonst in der späteren Überlieferung dazu erzählt worden, z.B. dass es drei Weise gewesen seien. Das kommt von den drei Geschenken, steht aber nicht da. Noch weniger erzählt Matthäus von den Namen der Weisen und von ihrer Hautfarbe. -

Die Weisen heißen im Urtext Magoi, ein persisches Wort. Sie sind Magier der Sterne im Osten. Moderner gesagt: Sie sind persische Astrologen, Sterndeuter und als solche gewiss kluge Leute.

Weil die Begriffe Astrologen oder Sterndeuter ebenso wie Magier in unserer Gegenwartssprache mehrdeutig und weltanschaulich besetzt sind, schließe ich mich der Lutherübersetzung an und rede ich am liebsten von den drei Weisen.

Denn gebildet mussten sie sein, wenn sie in den Sternen Beobachtungen machten. Und als besonders weise stellen sie sich dar, weil sie gerade diesem Phänomen nun nachgehen und dem Stern von Bethlehem folgen. Ihre Deutung war:
Ein König ist geboren. Darum nahmen sie Gold mit und darum landeten sie am Königshof.

Das Königtum Jesu zeigt sich nun noch deutlicher als im Goldgeschenk am Geburtsort des Kindes Jesus, wohin die Weisen dann geschickt werden.

Die Theologen am Hofe in Jerusalem sagen es dem König Herodes: Nach Micha 5 Vers 1 müsste Bethlehem der Geburtsort sein, wenn ein neuer König geboren wird. Bethlehem war der Geburtsort des Königs David, das war der Urvater des wahren Königtums in Israel. Und Bethlehem war wieder eine ähnliche Funktion verheißen worden beim Propheten Micha. „Du kleines Bethlehem, aus dir wird er kommen!“

Herodes sagt das den Weisen weiter, die morgenländischen Weisen ziehen los und der Stern bestätigt es durch seinen Stand. Die alttestamentliche Verheißung der Königsgeburt bestätigt sich durch den Sternenstand: Die Weisen finden Jesus in Bethlehem. Sie bringen ihm Gold und verehren ihn königlich.

Nun müssen wir uns erst einmal vor Augen führen, welch eine Szene das ergibt, die da beschrieben ist:
Da ist ein kleines, noch nicht lange in einer Krippe geborenes Kind. Ob es da nun noch drin liegt oder ob inzwischen ein gutes Jahr vergangen ist, spielt gar nicht die Rolle. Es ist in jedem Fall ein ärmliches Kind, ein Flüchtlingskind. Und dieses Kind sehen die Weisen als König an!   Ein äußerster Widerspruch! Ein König gegen den Augenschein! Ein Anklang an die Geschichte von Samuel, der den jungen David zum König salbt gegen den Augenschein, aber mit dem Gotteswort, dass der Mensch sieht, was vor Augen ist. Gott aber sieht das Herz an! (1Sm.16,7, Jahreslosung)

Bei David  wurde dann tatsächlich ein goldglänzendes Königtum daraus. Bei Jesus aber blieb dieser Widerspruch: Äußerlich gesehen blieb er der ärmlichste König, den die Welt sich vorstellen kann. In der Verehrung wurde er freilich der wirkungsmächtigste König, den die Welt je gesehen hat. Millionen in aller Welt glauben heute an diesen Christus. Der christliche Glaube hat die Welt verändert, hat die Geschichte geprägt. Er hat im Großen und im Kleinen gewirkt. Bis heute werden Herzen verändert durch den Glauben an Jesus Christus.

Aber er bleibt unsichtbar, seine Wirkung ist eher leise, von innen heraus. Seine Botschaft warnt vor Investition in Kriege und predigt den Frieden. Seine Worte warnen vor der Verführung durch Geld und Gold. Das Königreich dieses Königs ist nicht von dieser Welt und stellt die Weltverhältnisse eher auf den Kopf.

Am Ende setzen sie ihm eine Dornenkrone auf den Kopf und der einfache Soldatenknecht bespuckt und schmäht ihn. Gerade dort aber, mit der Dornenkrone auf dem Haupt und ans Kreuz gehängt, dort ist das Zentrum seines königlichen Geheimnisses. Das Geheimnis seiner Macht, das Geheimnis seiner verborgenen, inneren Stärke.

In der äußeren Ohnmacht dieses Gekreuzigten, dort entdeckt der christliche Glaube den Sieg über die bösen Mächte der Welt. An dem Tag, an dem über ihm geschrieben steht: Jesus von Nazareth, König der Juden, da stirbt er nach außen hin und im Kern wird das Königtum nach seiner Art aufgerichtet.

Weil sie ihn nicht besiegen konnten, deshalb sind die bösen Mächte besiegt. Jesus ist auferstanden.

Als das die Christen damals realisiert hatten, da rühmten sie diesen Sieg am Kreuz. Sie sangen: Wer den Tod überwindet, überwindet auch alles andere. Nun entstanden die Lieder der Christenheit, in denen es heißt, dass alle Knie sich beugen sollen vor Jesus (Phil.2), der als Auferstandener im Himmel regiert, als König mit einer herrlichen göttlichen Macht.

Wenn wir die alten Lieder heute nachsingen, obwohl wir Könige nicht mehr zeitgemäß sind, dann mit dieser Absicht, dass auch wir Jesus die Ehre geben wollen.

Bis heute ist die Mitte des christlichen Gebets dies, dass wir sagen können:
Wir befehlen uns dir an, leite du uns, Jesus, weise uns den Weg. Wir wollen uns von dir tragen und in Liebe bewahren lassen.

Im Wochenlied „Jesus ist kommen“, das wir vorhin begonnen haben, wird Jesus auch als König besungen. Lassen Sie uns an dieser Stelle zwischendurch die Strophe 5 singen. Liedstrophe 66,5 EG 66,5:  Jesus ist kommen, der König der Ehren; Himmel und Erde, rühmt seine Gewalt! Dieser Beherrscher kann Herzen bekehren; öffnet ihm Tore und Türen fein bald! Denkt doch, er will euch die Krone gewähren. Jesus ist kommen, der König der Ehren. Predigt Teil 2 Das königliche Gold findet sich auch immer wieder in unseren Kirchen: Goldschmuck für den Herrn der Gemeinde, zu seiner Ehre. Dazu haben wir in unseren Kirchen meist den gekrönten Christus vorn aufgestellt. Freilich wieder einmal in dieser ganz unköniglichen Stellung am Kreuz und statt mit einer goldenen mit einer Dornenkrone bekrönt.

Weil dort darunter der Altar steht, kommen wir von da aus zum zweiten Geschenk der Weisen:

Zum zweiten Geschenk und zum zweiten Amt: Die Weisen bringen Weihrauch, Zeichen für den Priester Christus

Dicht beim Kreuz oder unter dem Kreuz steht in unseren Kirchen der Altar. Wir kennen aus katholischen Gottesdiensten, dass der Altar mit Weihrauch geheiligt wird. Für manche ein angenehmer Duft, für andere vielleicht auch eine eher ungeliebte Erinnerung. Weihrauch und Altar gehören zum Priesteramt.

In evangelischen Kirchen haben wir Abschied genommen von der Vorstellung, dass da im Gottesdienst am Altar ein Opfer gebracht wird. Wir brauchen in diesem Zusammenhang auch keine mit Weihrauch geheiligten Dinge.

Denn alle Opfer sind durch das eine Opfer Jesu unnötig geworden. Das Opfer Jesu am Kreuz hat ein für allemal die Versöhnung mit Gott gestiftet (vgl. Heb.10,14). Jesus ist daher der einzigartige Priester, dessen Opfer genügt.

Das Geschenk der Weisen, der Weihrauch, kann uns mitten in der Weihnachtszeit daran erinnern, wie der Weg dieses Jesuskindes bis zum Opfertod am Kreuz führte. Damit sind die Weisen aus dem Morgenland Passionsboten. Weihnachten ist bereits der Anbruch der Befreiung, die an Karfreitag und Ostern vollends gefeiert wird.

Die Befreiung von allen Opfern Gott gegenüber, von allem Druck, vom Streß, den diejenigen haben, die sich die Gnade Gottes verdienen wollen.

Wir können in aller Freiheit dem Priester Christus vertrauen, brauchen keine glänzende Fassade aufzubauen, sondern dürfen unser Herz mit seinen Freuden und seinen Sünden zu ihm bringen. Diese Zusammenhänge um das Priesteramt Christi klingen in Strophe 6 unseres Liedes an. Liedstrophe 66,6 EG 66,6 Jesus ist kommen, ein Opfer für Sünden, Sünden der ganzen Welt träget dies Lamm. Sündern die ewge Erlösung zu finden, stirbt es aus Liebe am blutigen Stamm. Abgrund der Liebe, wer kann dich ergründen? Jesus ist kommen, ein Opfer für Sünden. Predigt Teil 3 Zum dritten Geschenk und zum dritten Amt: Die Weisen bringen Myrrhe, Zeichen für den Propheten Christus

Das Gold habe ich hier in der Kirche mit dem Goldschmuck an/am ... in Verbindung gebracht, das priesterliche Element fand sich bei Altar und Kreuz.

Beim prophetischen Amt dachte ich an die offene Kirchentür, zu der wir nachher wieder hinausgehen werden in die Welt draußen.

Das tut nämlich ein Prophet: Er geht hinaus in die Welt, er verkündigt den Willen Gottes, er erzählt von Gott und offenbart so, wer Gott ist, was er will und tut.

Jesus ist so hinausgegangen in die damalige Welt, er hat Gott verkündigt. Und er hat seine Nachfolger dazu berufen, dasselbe zu tun. Durch ihre Verkündigung in Worten und Werken sollen sie Salz der Erde (Mt.5,13) sein.

Salz ist Würze für die Welt. Es ist nichts lieblich Süßes. So eine Würze ist auch die Myrrhe, die in dieser Geschichte von den drei Weisen als dritte Gabe gebracht wird.

Es handelt sich um einen bitteren Pflanzenextrakt, eine harzige Absonderung aus einem orientalischen Baum, die etwas bitter riecht. Eine Gabe also, die nicht einfach süß ist, sondern etwas starkes, etwas herbes hat. In Schokoladensprache gesprochen macht die Myrrhe edelherb. An Weihnachten pflegt man Vergleichbares, wenn den süßen Gebäcken Gewürze hinzugefügt werden:

 Da werden die Gewürzbrote durch Zugabe von Anis, Kümmel, Koriander oder Zimt interessant. Geschmack wird edler, wenn er nicht einfach glatt süß schmeckt, sondern durch eine bittere Note nuanciert wird.

Tatsächlich hatten die Propheten häufig die Funktion, den Finger in die gesellschaftlichen Wunden zu legen, die süße Eintracht zu stören, bitteres Gewürz in der Gesellschaft zu sein. Jesus hat das als Prophet von Gott auch heftig getan. So heftig, dass es ihn das Leben gekostet hat. Interessanterweise hat man ihm am Kreuz als Schmerzmittel ein Öl gereicht, das mit Myrrhe versetzt war (Mk.15,23). Und der Leichnam Jesu wurde nach Joh.19,39 unter anderem mit Myrrhe einbalsamiert.

Auch hier schließt sich also wieder der Kreis: Die Weisen in Bethlehem sind mit ihren Geschenken Vorboten der Passion. Sie ehren dieses Kind und zeichnen doch seinen Leidensweg voraus. Die Weisen weisen über den Tag hinaus. Sie zeigen, dass dieses süße, ärmliche Kind ein universales Geschenk an die Menschheit ist. Nicht nur süß, sondern auch bitter. Nicht nur Geburt, sondern auch geopfert bis zum Tod. Nicht nur ärmlich, sondern König auf seine Art.

Die Weisen sind ins Staunen gekommen, haben sich, wie es hier heißt, gefreut. Am Schluss gehen sie wieder heim. Nicht viel hat sich für sie äußerlich geändert. Sie werden wieder nach den Sternen schauen, sie werden in ihrem Land sein. Aber nach der Begegnung mit diesem Kind und nach der Stimme Gottes im Traum gehen sie einen anderen Weg.

Das ist neben den Zeichen, die sie dem Christuskind bringen, ein Zeichen an uns: Sie gehen einen andern Weg zurück in ihr Land. Sie sehen nicht mehr das Äußerliche, sie steuern nicht mehr den Königshof an. Sie sind innerlich erfüllt.

Sie gehen anders hinaus aus dem Stall. So wie wir immer wieder anders, kaum verändert, aber vielleicht erfüllt vom Gottesdienst in der Kirche weg durch die offene Tür nach draußen gehen. Jesus ist einzigartiger König, Priester und einzigartiger Prophet - nicht wir. Wir gehen zurück in unser Land, von der Weihnachtsfreude erfüllt. 

Den prophetischen Horizont bis ans Ende der Welt und ans Ende der Zeit besingt die letzte Strophe in unserem Lied. Wir singen die neunte Strophe und danach spielt .... noch eine Strophe vor, damit wir dabei dem nachhängen können, was die Geschenke der Weisen in uns angestoßen haben. Amen.

 

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