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Predigt zum Sonntag Cantate
Reihe I
Matthäus 11,25-30: Jesu Lobpreis und Heilandsruf
Thema: Loben als heilsame Unterbrechung

Predigt von Pfarrer z.A. Gunther Seibold, Urbach
gehalten am 20.05.2003 in Steinach und Hösslinswart

Predigtentwurf (ohne ausformulierten Text gehalten)

Predigt Teil I: Mt.11,25-26 Gott: verborgen offenbart

Text

Mt 11,25-30

25 Zu der Zeit fing Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du dies den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart.

26 Ja, Vater; denn so hat es dir wohlgefallen.

27 Alles ist mir übergeben von meinem Vater; und niemand kennt den Sohn als nur der Vater; und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will.

28 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.

29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.

30 Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.

 

Unterbrechung

- Jesus unterbricht einen Kontext von Wehrufen über galiläische Städte. Matthäus hat folgenden Übergang notiert: Schluss des vorigen ist „Es wird dem Land der Sodomer erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als dir.“

- Loben und Singen ist Unterbrechung: Keiner singt ständig, Singen ist Höhepunkt.

- Lobpreis ist die letzte Steigerung, wenn die theologischen Gedanken sich schon weit erhoben haben und nur noch das Geheimnis Gottes da ist. So z.B. bei Paulus in Rö.11,33ff.

- Sonntag Cantate ist dieser Unterbrechung gewidmet, Gott zu rühmen und zu preisen mit Melodien. Jeder Sonntag hat allerdings etwas davon. Viele Gemeinden haben einen so genannten „Lobpreisteil“, singen Loblieder.

- Loblieder erheben sich über den Alltag hinaus. Auch wenn gerade die Not die Umwelt und uns persönlich prägen sollte. Das Lob Gottes knüpft nicht bei der Welt an, sondern beim Himmel. Es bildet die Gegenbewegung zur Klage, die an der Welt anknüpfend sich an Gott wendet. Das Lob und das Singen knüpft bei Gott an und kommt zur Welt.

- Obwohl ich gerade diese Woche bei der Steuererklärung war. Und obwohl da eine schwere Krankheit in der Familie ist. Und bei Ihnen obwohl da vielleicht eine Streßwoche ist. Oder Arbeitslosigkeit droht. Oder was auch immer: Heute ist Unterbrechung. Am Sonntag knüpfen wir mal bei Gott an. Wir loben und preisen ihn wie Jesus.

Gott: im Verborgenen offenbart

- Dass bei Jesus dieser Zusammenhang vorliegt, zeigt der Inhalt seines Lobspruchs.

- Nicht wie sonst in der Welt werden die Weisen, Klugen, Reichen und Schönen gerühmt. Gott wird gerühmt und eben das, dass er das Lob den Unmündigen schenkt. Die Kinder, die Demütigen, die Bescheidenen, die Armen und Unterdrückten, denen wird der tiefere Sinn offenbar. Denen zeigt sich Gott.

- Biblische Vorbilder für diese Einsicht, dass Gott durch die Unmündigen gelobt wird, gibt es genug: Da ist Hannas Lobgesang. Da ist Marias Lobgesang. Da sind die Vertrauensäußerungen der Zöllner und Sünder, die zu Jesus kommen.

- Wer viel auf sich selbst hält, der versperrt sich selbst den Weg zur Offenbarung. Wer meint, am Sonntagmorgen Geld machen zu müssen, kommt eben an der Erfahrung eines schönen Gottesdienstes vorbei.

- Einfache Loblieder. Loblieder im Gesangbuch sind tendenziell viel einfacher als die Trostgesänge, die Sterbelieder oder die liturgischen Texte.

- Dazu ein Beispiel: das nächste Lied. Die Predigt wird heute (Cantate) zweimal durch Lieder unterbrochen. Dadurch ergeben sich drei Teile der Predigt. Der erste Teil betrifft die Verse 25-26. Ich gliedere nach der Dreieinigkeit, weil das ganz gut passt.

• Der erste Teil ist zu Gott, dem Vater, wie er sich offenbart.

• Der zweite Teil wird zu Jesus sein und zu seiner Einheit mit dem Vater.

• Der dritte Teil enthält das Wort „erquicken“. Das lässt an den Heiligen Geist denken.

Lied: 167,1-2 Wir wollen fröhlich singen

Predigt Teil II: Mt.11,27 Jesus: In Einheit mit dem Vater

- Zweiter Teil zu V.28: Lesung.

Jesus in Einheit mit dem Vater

- Was ist das Besondere an Jesus? Die Einheit mit dem Vater. Nichts hat er an sich, außer dem. Denn er ist Mensch wie wir. Und er ist göttlich wie Gott. Aber als Einziger ist er diese Verbindung.

- Das ist höchste Theologie. Man kann das Johannesevangelium so lesen, dass es als Ergänzung zu den andern Evangelien geschrieben sein könnte, um vor allem dieser theologischen Überzeugung Nachdruck zu verleihen.

- Nun kommt das hier bei Matthäus vor. Wie vorhin zum Lobpreis gesagt ist auch das eine Unterbrechung. Ein Vers in einer Sprache, wie sonst nur das Johannesevangelium schreibt. Und das ist mitten ins Matthäusevangelium geraten, das sonst eher Ermahnungen in den Mittelpunkt rückt. Lobpreis und Singen verleiten dazu, in höchste Theologie, fast eine Art gedankliche Verzückung zu geraten. So berichtet es Matthäus hier von Jesus.

- „Lust an der Erkenntnis“ – so ein Buchtitel vor ein paar Jahren mit einer theologischen Blütenlese. Theologie macht Lust. Dogmatik ist heute oft verschrien, aber wen sie gepackt hat, der kann Lust daran haben und – das ist hier das Entscheidende – zum Lob kommen oder vor lauter Loben in die Lust an der Theologie.

- Dabei geht es um dasselbe wie vorhin: Das hier Gesagte wird offenbart. Man kann es sich nicht selbst besorgen als Weiser und Kluger. Wer es verstehen will, muss es als Unmündiger, als begeisterungsfähiger Hörer tun.

- Dieser Jesus hat aus der Einheit mit dem Vater etwas zu bieten. Davon nächster Abschnitt und nächstes Lied.

Lied: 363,1-2 Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn

Predigt Teil III: Mt.11,28-30 Heiliger Geist: erquicken

- Restlichen Predigttext haben wir damit praktisch schon gesungen:

V.28-30, Lesung.

Heiliger Geist: erquicken

- Ein Wort, das mich begeistert: Erquicken. Wie Sommerhitze, Staub, müde Glieder und dann ein Brunnen, ein Wasserschwall, eine Fülle von kühlem, frischem Nass, das an mir herunterperlt ...

- Im Griechischen Urtext schwingen noch andere Schönheiten mit:

anapauo = aufhören machen, Rast gönnen, ausruhen lassen.

„Mach mal Pause!“

- Wieder der Aspekt Unterbrechung! Und das dazu: „So werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.“ Echte, tiefe Ruhe. Dimensionen, wie sie im Wort erquicken stecken.

- „Es ist noch eine Ruhe vorhanden“, tröstet der Hebräerbrief seine Leser.

- So wohltuend unterbrechend wird der Heilige Geist immer wieder in der Bibel beschrieben: Das sanfte Wehen, die stärkende Kraft, der tröstende, Frieden und Ruhe bringende Beistand. Diesen gibt Jesus den Müden und Belasteten. Den gibt er den Jammernden in Steinach. Den gibt er den Bedrückten in Hößlinswart.

- Die Sätze mit dem Joch und der Last unterstreichen dies. Sie können missverstanden werden, weil die Worte Joch und Last eine schwere Aufgabe anklingen lassen.

- Aber wenn wir sie betonen, wie sie dastehen, dann klingt aus diesen Sätzen Jesu eine ungeheure Entlastung:

Mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht. Wenn dieses meine betont wird, dann wird klar, dass wir uns den Vergleich dazudenken müssen. Jesus sprach im Kontext von bösen Städten und er streitet sich mit den Gesetzeslehrern. Deren Joch sollen Christen nicht mehr tragen, sondern Jesu Joch.

- „Nehmt auf euch mein Joch, denn ich bin sanft und von Herzen demütig.“

- Das nächste Lied ist so eines, das im Loblied Ruhe findet. Eins, das in den Weg Jesus und in den Weg mit Jesus einstimmt. „Alles, Herr bist du!“, das ist so herrlich hohe Theologie von unserem Leben, wie sie im Lob gesungen werden kann. Im Lob, das unsern Alltag beflügeln will.

„Kommt her, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken!“ Amen.

  

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