Liebe Gemeinde,
was haben Sie heute schon gefrühstückt?
Wäre ja vielleicht
interessant zu erfahren,
was sich Gottesdienstbesucher sonntags gönnen
um
optimal auf den Kirchenbesuch vorbereitet zu sein!
Vielleicht haben Sie
auch nicht gefrühstückt.
Es gibt ja Leute,
die starten mit dem Vesper vom
Vorabend in den Tag.
Das sind dann die, die lange durchhalten,
zum
Beispiel auch, wenn eine Predigt lang wird.
Damit wir nicht zu
unterschiedlich denken,
an Müsli, Cornflakes oder Toastbrot,
möchte ich
die Sache jetzt konzentrieren auf das deutsche Normalfrühstück,
wie man es im
Allgäu wie im Ostharz oder an der Nordsee
bei Übernachtung mit Frühstück
erwarten kann:
Frische Brötchen, dazu Butter, Marmelade, Honig oder
Schokocreme.
Was machen die Kinder? Sie schneiden das Brötchen auf,
dann kommt eine dicke Scheibe Butter drauf
und dann 4 bis 5 mm Schokocreme.
Was machen die Erwachsenen?
Sie machen sich ihre Gedanken, sagen nichts oder
sagen was:
Mensch, tut nicht so viel drauf, Kinder!
Ihr habt ja mehr
Butter als Brot und noch einmal mehr Schokocreme!
Bei uns früher gab es nur
Schwarzbrot
und dann hat man ein bisschen Butter so verteilt,
dass überall
noch das Brot durchscheinen musste
und Schokocreme gab es nicht,
sondern
maximal 1 Kaffeelöffel Träublesgsälz!
Tja,
die Brotwelt hat sich
verändert.
Nicht durchgehend vielleicht,
aber mindestens tendenziell.
Brot ist weißer, feiner und würziger geworden.
Und vor allem ist es mehr und
mehr Nebensache
angesichts einer Fülle von Belägen.
An Käse und Wurst und
Aufstrichen aller Art haben wir uns gewöhnt.
Wenn wir überhaupt noch Brot
essen,
weil es auch jede Menge Kuchen gibt
und Feinbackwerk von der Brezel
bis zur Käsestange.
Verstehen wir überhaupt Jesus noch,
wenn er sagt:
„Ich bin das Brot“? Das „Brot des Lebens“?
Ist das attraktiv?
Brot lassen
wir doch stehen,
wenn wir Brötchen bekommen oder Brezeln
oder Sahnetorte.
Hätte Jesus sagen sollen: „Ich bin die Sahnetorte des Lebens“?
Es gibt
Menschen, die verhalten sich so.
Sie haben viel vor im Leben
und als
Sahnehäubchen betrachten sie dann noch
die Sache mit Jesus und der Kirche.
Das ist gar nicht so schlecht,
denn es stimmt sicher zu sagen: Besser Sahne
als gar nichts zu essen.
Aber wir spüren,
dass Sahne nichts
Eigentliches ist in Sachen Leben.
Es passt nicht,
von Jesus zu denken, er
sei die „Sahnetorte des Lebens“.
Auch nicht das Sonntagsbrötchen.
Wenn
Jesus sagt: Ich bin das Brot des Lebens,
dann denken wir an das
Grundnahrungsmittel Brot,
weil das der Sache einfach viel mehr entspricht.
Schwarzbrot ist sprichwörtlich
für diese Nahrungsgrundlage geworden.
Ich
erinnere mich, dass es bei uns im Architekturstudium
eine „Schwarzbrotreihe“
gab,
das waren Vorlesungen von Praktikern, vom wirklichen Leben.
Unser
Predigttext heute ist eine Schwarzbrotgeschichte von Jesus.
Eine der
bekanntesten Jesusgeschichten,
die Brotgeschichte, die Speisung der 5000.
Der liturgische Kalender will,
dass wir sie aus dem Johannesevangelium lesen.
Damit ist es die Geschichte,
die den Sätzen von
Jesus als dem „Brot des
Lebens“ unmittelbar vorausgeht.
Die Geschichte wirft die Frage auf: Auf
welches Brot kommt es im Leben an?
Wer kann Brot des Lebens geben?
Ich
lese die Geschichte von der Speisung der 5000
nach Johannes 6, die Verse
1-15.
Danach fuhr Jesus weg über das Galiläische Meer,
das auch
See von Tiberias heißt.
Und es zog ihm viel Volk nach,
weil sie die
Zeichen sahen, die er an den Kranken tat.
Jesus aber ging auf einen Berg
und setzte sich dort mit seinen Jüngern.
Es war aber kurz vor dem Passa, dem
Fest der Juden.
Da hob Jesus seine Augen auf
und sieht, dass viel Volk
zu ihm kommt,
und spricht zu Philippus:
Wo kaufen wir Brot, damit diese
zu essen haben?
Das sagte er aber, um ihn zu prüfen;
denn er wusste
wohl, was er tun wollte.
Philippus antwortete ihm:
Für zweihundert
Silbergroschen Brot ist nicht genug für sie,
dass jeder ein wenig bekomme.
Spricht zu ihm einer seiner Jünger,
Andreas, der Bruder des Simon Petrus:
Es ist ein Kind hier, das hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische;
aber was
ist das für so viele?
Jesus aber sprach: Lasst die Leute sich lagern.
Es
war aber viel Gras an dem Ort.
Da lagerten sich etwa fünftausend Männer.
Jesus aber nahm die Brote, dankte
und gab sie denen, die sich gelagert
hatten;
desgleichen auch von den Fischen, soviel sie wollten.
Als sie
aber satt waren, sprach er zu seinen Jüngern:
Sammelt die übrigen Brocken,
damit nichts umkommt.
Da sammelten sie
und füllten von den fünf
Gerstenbroten zwölf Körbe mit Brocken,
die denen übrig blieben, die gespeist
worden waren.
Als nun die Menschen das Zeichen sahen, das Jesus tat,
sprachen sie:
Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll.
Als Jesus nun merkte, dass sie kommen würden und ihn ergreifen,
um ihn zum
König zu machen,
entwich er wieder auf den Berg, er selbst allein.
Liebe Gemeinde,
es ist keine Frage,
dass im Hintergrund dieser Geschichte
ganz konkret steht,
dass Jesus daran interessiert ist,
dass alle Menschen,
die hungern, satt werden dürfen.
Die Geschichte von der Speisung der 5000 ist
für die Christenheit
Grund genug, immer wieder dafür einzutreten,
dass
alle Menschen dieser Erde,
Reiche und Arme, nicht verhungern müssen.
Erst
jetzt hat das Landesbischof July in seinem jährlichen Bischofsbericht zum
Ausdruck gebracht
und die württembergische Landessynode das festgestellt.
Auch ist klar, dass das vorhandene Brot dazu verteilt werden muss
und dass es
dabei gerecht zugehen muss
bis jeder hat, was er braucht.
Wenn wir
irgendwo entdecken,
dass wir etwas in dieser Richtung tun können,
dann
sollen wir es tun.
Dafür steht zum Beispiel die Aktion „Brot für die Welt“,
die das Brot im Namen hat.
Zur Zeit bereitet „Brot für die Welt“ eine Aktion
vor,
bei der es wohl noch in diesem Jahr
eine Solidaritäts-Brot-Aktion
geben soll.
Wenn das ankommt, werden Bäckereien
dazu ein spezielles Brot
anbieten.
Aber zurück zur Geschichte.
Weil sie in allen vier
Evangelien erzählt wird,
ist es interessant, worauf die einzelnen
Evangelisten den Schwerpunkt legen.
Worum geht es eigentlich?
Bei
Johannes fällt auf, dass er das Wunderbare am Geschehen steigert.
Die
Speisung wird zeitlich auf eine Zeit kurz vor dem Passa datiert,
also eine
wichtige Zeit.
Und dann wird berichtet, dass Jesus die Jünger selbst
zum
Ausdruck bringt,
dass es eigentlich aussichtslos ist, hier die Leute zu
verpflegen.
Johannes bemerkt, dass Jesus zur Prüfung den Jünger Philippus
fragt:
„Wo kaufen wir Brot, damit diese zu essen haben?“
Der Philippus
steht da und weiß nur, dass es nicht geht: Auch das Geld hätten sie nicht für so
viel Brot.
Aber dann kommt die Geschichte,
dass da der Junge ist mit
den 5 Broten und 2 Fischen
und es für alle reicht, weil Jesus die Sache in
die Hand nimmt.
Auch da steigert Johannes den Blick auf Jesus:
Er
steht im Mittelpunkt,
er lässt die Leute sich lagern,
nimmt die Brote,
spricht das Dankgebet
und gibt das Brot aus.
Dass es die Jünger verteilt
haben, ist in diesem Zusammenhang nicht so wichtig.
Jesus gibt das Brot
und schon da leuchtet durch,
was später ausgesprochen wird.
Johannes will
darauf hinaus: Jesus selbst ist das Brot.
Nun wäre das ja auch noch
steigerbar gewesen,
wenn uns dieses Brot wahnsinnig fein
und lecker
beschrieben worden wäre,
wenn es vielleicht Kuchen und Plätzchen,
Creme
und Überbackenes wäre.
An der Stelle aber fällt die Steigerung im Bericht
bei Johannes
gerade anders herum aus:
Gerstenbrote sind es, die Jesus
austeilt.
Gerstenbrote waren das Arme-Leute-Brot,
sozusagen eben das
Schwarzbrot.
Grundnahrung wird ausgeteilt, Brot und Fisch.
Und am Ende
sammeln sie die Brocken.
Vom Fisch wird nicht berichtet,
denn das Brot ist
das Thema.
Von den Gerstenbroten sind 12 Körbe voll Reste da.
Nicht von
den Kuchen,
die die Leute vielleicht zum Teil noch in den Taschen hatten.
Nein,
die Gabe Jesu hat sich vervielfältigt.
Er, das Brot, gibt sich
in Fülle.
Besonderen Wert legt das Johannesevangelium
dann auf den
Schluss.
Wie reagieren die Menschen?
Für wen halten sie Jesus?
Und
es kommt heraus,
dass sie nach den Mägen urteilen
und nicht nach der
offenbar gewordenen Wahrheit von Gott.
Sie wollen einen irdischen Gott
haben,
einen, der alles für sie tut, was ihnen ein sattes Leben ermöglicht.
Die Leute bejubeln Jesus und wollen ihn zum König machen,
der besser ist und
mehr kann als der König Herodes
oder der König von Syrien oder Griechenland.
Die Leute sagen zwar: „Das ist wahrlich der Prophet“,
aber sie ziehen die
falsche Konsequenz daraus.
Sie meinen, sie könnten Gott dingfest machen,
ihm einen Palast geben und dann würde er für sie sorgen.
Aber das ist die
Sahnetorten-Sehnsucht
nach einem bequemen, ausgesorgten Leben.
Das ist
nicht die Sendung Jesu.
Dagegen wehrt er sich und entzieht sich diesen
Wünschen.
Er geht allein auf einen Berg.
Er gibt Schwarzbrot,
und
das vor allem in einem tieferen Sinn.
So wie in der Geschichte von der Frau
am Brunnen,
wo das Thema vom Wasser im Brunnen
wechselt zum Wasser, das in
das ewige Leben quillt,
so wechselt jetzt das Thema vom Brot für den Magen
zum Brot des Lebens.
In den Versen danach wird das Ganze reflektiert,
wie wir es vorhin in der Schriftlesung gehört haben.
„Ich bin das Brot des
Lebens“, sagt Jesus,
„Wer zu mir kommt,
den wird nicht hungern;
und wer
an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“
Es geht um ein Schwarzbrot,
das Ewigkeitswert hat.
Da ist es wichtig, dass wir beim Eigentlichen sind.
Wer sein Leben hat,
Leben voller Hoffnung und Hingabe,
der hat das
eigentlich Lebensnotwendige.
Und dann sind Brezeln und Sahnetorten
das
Sahnehäubchen.
Dass wir es uns gut gehen lassen dürfen,
feiern wir in der
Gemeinde
als Ausdruck der Freude über das Brot des Lebens in Jesus Christus.
Also den Glauben als Grundlage
und das gemeinsame Feiern und Essen als
Sahnehäubchen,
nicht umgekehrt.
Ich wünsche uns,
dass wir Menschen
sind,
die spüren dürfen, dass am Schwarzbrot des Lebens kein Mangel ist
und die aus dem Leben in Gott heraus
dazu beitragen, dass alle Brot haben für
Leib und Seele.
Amen.
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