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Predigt am 7. Sonntag nach Trinitatis
Joh.6,1-16
Thema: Was darf's denn sein: Brot oder Brötchen? 

Predigt von Pfarrer Gunther Seibold, Hemmingen
gehalten am 26.07.2009 in Hemmingen

Liebe Gemeinde,
was haben Sie heute schon gefrühstückt?
Wäre ja vielleicht interessant zu erfahren,
was sich Gottesdienstbesucher sonntags gönnen
um optimal auf den Kirchenbesuch vorbereitet zu sein!

Vielleicht haben Sie auch nicht gefrühstückt.
Es gibt ja Leute,
die starten mit dem Vesper vom Vorabend in den Tag.
Das sind dann die, die lange durchhalten,
zum Beispiel auch, wenn eine Predigt lang wird.

Damit wir nicht zu unterschiedlich denken,
an Müsli, Cornflakes oder Toastbrot,
möchte ich die Sache jetzt konzentrieren auf das deutsche Normalfrühstück,
wie man es im Allgäu wie im Ostharz oder an der Nordsee
bei Übernachtung mit Frühstück erwarten kann:

Frische Brötchen, dazu Butter, Marmelade, Honig oder Schokocreme.

Was machen die Kinder? Sie schneiden das Brötchen auf,
dann kommt eine dicke Scheibe Butter drauf
und dann 4 bis 5 mm Schokocreme.

Was machen die Erwachsenen?
Sie machen sich ihre Gedanken, sagen nichts oder sagen was:
Mensch, tut nicht so viel drauf, Kinder!
Ihr habt ja mehr Butter als Brot und noch einmal mehr Schokocreme!
Bei uns früher gab es nur Schwarzbrot
und dann hat man ein bisschen Butter so verteilt,
dass überall noch das Brot durchscheinen musste
und Schokocreme gab es nicht,
sondern maximal 1 Kaffeelöffel Träublesgsälz!

Tja,
die Brotwelt hat sich verändert.
Nicht durchgehend vielleicht,
aber mindestens tendenziell.
Brot ist weißer, feiner und würziger geworden.
Und vor allem ist es mehr und mehr Nebensache
angesichts einer Fülle von Belägen.
An Käse und Wurst und Aufstrichen aller Art haben wir uns gewöhnt.
Wenn wir überhaupt noch Brot essen,
weil es auch jede Menge Kuchen gibt
und Feinbackwerk von der Brezel bis zur Käsestange.

Verstehen wir überhaupt Jesus noch,
wenn er sagt:
„Ich bin das Brot“? Das „Brot des Lebens“?
Ist das attraktiv?
Brot lassen wir doch stehen,
wenn wir Brötchen bekommen oder Brezeln
oder Sahnetorte.

Hätte Jesus sagen sollen: „Ich bin die Sahnetorte des Lebens“?

Es gibt Menschen, die verhalten sich so.
Sie haben viel vor im Leben
und als Sahnehäubchen betrachten sie dann noch
die Sache mit Jesus und der Kirche.
Das ist gar nicht so schlecht,
denn es stimmt sicher zu sagen: Besser Sahne als gar nichts zu essen.

Aber wir spüren,
dass Sahne nichts Eigentliches ist in Sachen Leben.
Es passt nicht,
von Jesus zu denken, er sei die „Sahnetorte des Lebens“.
Auch nicht das Sonntagsbrötchen.

Wenn Jesus sagt: Ich bin das Brot des Lebens,
dann denken wir an das Grundnahrungsmittel Brot,
weil das der Sache einfach viel mehr entspricht.
Schwarzbrot ist sprichwörtlich
für diese Nahrungsgrundlage geworden.
Ich erinnere mich, dass es bei uns im Architekturstudium
eine „Schwarzbrotreihe“ gab,
das waren Vorlesungen von Praktikern, vom wirklichen Leben.

Unser Predigttext heute ist eine Schwarzbrotgeschichte von Jesus.
Eine der bekanntesten Jesusgeschichten,
die Brotgeschichte, die Speisung der 5000.
Der liturgische Kalender will,
dass wir sie aus dem Johannesevangelium lesen.
Damit ist es die Geschichte,
die den Sätzen von
Jesus als dem „Brot des Lebens“ unmittelbar vorausgeht.
Die Geschichte wirft die Frage auf: Auf welches Brot kommt es im Leben an?
Wer kann Brot des Lebens geben?

Ich lese die Geschichte von der Speisung der 5000
nach Johannes 6, die Verse 1-15.

Danach fuhr Jesus weg über das Galiläische Meer,
das auch See von Tiberias heißt.
Und es zog ihm viel Volk nach,
weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat.
Jesus aber ging auf einen Berg
und setzte sich dort mit seinen Jüngern.
Es war aber kurz vor dem Passa, dem Fest der Juden.
Da hob Jesus seine Augen auf
und sieht, dass viel Volk zu ihm kommt,
und spricht zu Philippus:
Wo kaufen wir Brot, damit diese zu essen haben?
Das sagte er aber, um ihn zu prüfen;
denn er wusste wohl, was er tun wollte.
Philippus antwortete ihm:
Für zweihundert Silbergroschen Brot ist nicht genug für sie,
dass jeder ein wenig bekomme.
Spricht zu ihm einer seiner Jünger,
Andreas, der Bruder des Simon Petrus:
Es ist ein Kind hier, das hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische;
aber was ist das für so viele?
Jesus aber sprach: Lasst die Leute sich lagern.
Es war aber viel Gras an dem Ort.
Da lagerten sich etwa fünftausend Männer.
Jesus aber nahm die Brote, dankte
und gab sie denen, die sich gelagert hatten;
desgleichen auch von den Fischen, soviel sie wollten.
Als sie aber satt waren, sprach er zu seinen Jüngern:
Sammelt die übrigen Brocken, damit nichts umkommt.
Da sammelten sie
und füllten von den fünf Gerstenbroten zwölf Körbe mit Brocken,
die denen übrig blieben, die gespeist worden waren.
Als nun die Menschen das Zeichen sahen, das Jesus tat,
sprachen sie:
Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll.
Als Jesus nun merkte, dass sie kommen würden und ihn ergreifen,
um ihn zum König zu machen,
entwich er wieder auf den Berg, er selbst allein.


Liebe Gemeinde,
es ist keine Frage,
dass im Hintergrund dieser Geschichte ganz konkret steht,
dass Jesus daran interessiert ist,
dass alle Menschen, die hungern, satt werden dürfen.
Die Geschichte von der Speisung der 5000 ist für die Christenheit
Grund genug, immer wieder dafür einzutreten,
dass alle Menschen dieser Erde,
Reiche und Arme, nicht verhungern müssen.
Erst jetzt hat das Landesbischof July in seinem jährlichen Bischofsbericht zum Ausdruck gebracht
und die württembergische Landessynode das festgestellt.

Auch ist klar, dass das vorhandene Brot dazu verteilt werden muss
und dass es dabei gerecht zugehen muss
bis jeder hat, was er braucht.

Wenn wir irgendwo entdecken,
dass wir etwas in dieser Richtung tun können,
dann sollen wir es tun.
Dafür steht zum Beispiel die Aktion „Brot für die Welt“,
die das Brot im Namen hat.
Zur Zeit bereitet „Brot für die Welt“ eine Aktion vor,
bei der es wohl noch in diesem Jahr
eine Solidaritäts-Brot-Aktion geben soll.
Wenn das ankommt, werden Bäckereien
dazu ein spezielles Brot anbieten.

Aber zurück zur Geschichte.
Weil sie in allen vier Evangelien erzählt wird,
ist es interessant, worauf die einzelnen Evangelisten den Schwerpunkt legen.
Worum geht es eigentlich?

Bei Johannes fällt auf, dass er das Wunderbare am Geschehen steigert.
Die Speisung wird zeitlich auf eine Zeit kurz vor dem Passa datiert,
also eine wichtige Zeit.
Und dann wird berichtet, dass Jesus die Jünger selbst
zum Ausdruck bringt,
dass es eigentlich aussichtslos ist, hier die Leute zu verpflegen.
Johannes bemerkt, dass Jesus zur Prüfung den Jünger Philippus fragt:
„Wo kaufen wir Brot, damit diese zu essen haben?“

Der Philippus steht da und weiß nur, dass es nicht geht: Auch das Geld hätten sie nicht für so viel Brot.

Aber dann kommt die Geschichte,
dass da der Junge ist mit den 5 Broten und 2 Fischen
und es für alle reicht, weil Jesus die Sache in die Hand nimmt.

Auch da steigert Johannes den Blick auf Jesus:
Er steht im Mittelpunkt,
er lässt die Leute sich lagern,
nimmt die Brote, spricht das Dankgebet
und gibt das Brot aus.
Dass es die Jünger verteilt haben, ist in diesem Zusammenhang nicht so wichtig.
Jesus gibt das Brot
und schon da leuchtet durch,
was später ausgesprochen wird.
Johannes will darauf hinaus: Jesus selbst ist das Brot.

Nun wäre das ja auch noch steigerbar gewesen,
wenn uns dieses Brot wahnsinnig fein
und lecker beschrieben worden wäre,
wenn es vielleicht Kuchen und Plätzchen,
Creme und Überbackenes wäre.

An der Stelle aber fällt die Steigerung im Bericht bei Johannes
gerade anders herum aus:
Gerstenbrote sind es, die Jesus austeilt.
Gerstenbrote waren das Arme-Leute-Brot,
sozusagen eben das Schwarzbrot.

Grundnahrung wird ausgeteilt, Brot und Fisch.
Und am Ende sammeln sie die Brocken.
Vom Fisch wird nicht berichtet,
denn das Brot ist das Thema.
Von den Gerstenbroten sind 12 Körbe voll Reste da.
Nicht von den Kuchen,
die die Leute vielleicht zum Teil noch in den Taschen hatten.
Nein,
die Gabe Jesu hat sich vervielfältigt.

Er, das Brot, gibt sich in Fülle.

Besonderen Wert legt das Johannesevangelium
dann auf den Schluss.
Wie reagieren die Menschen?
Für wen halten sie Jesus?

Und es kommt heraus,
dass sie nach den Mägen urteilen
und nicht nach der offenbar gewordenen Wahrheit von Gott.

Sie wollen einen irdischen Gott haben,
einen, der alles für sie tut, was ihnen ein sattes Leben ermöglicht.
Die Leute bejubeln Jesus und wollen ihn zum König machen,
der besser ist und mehr kann als der König Herodes
oder der König von Syrien oder Griechenland.
Die Leute sagen zwar: „Das ist wahrlich der Prophet“,
aber sie ziehen die falsche Konsequenz daraus.

Sie meinen, sie könnten Gott dingfest machen,
ihm einen Palast geben und dann würde er für sie sorgen.
Aber das ist die Sahnetorten-Sehnsucht
nach einem bequemen, ausgesorgten Leben.

Das ist nicht die Sendung Jesu.
Dagegen wehrt er sich und entzieht sich diesen Wünschen.
Er geht allein auf einen Berg.

Er gibt Schwarzbrot,
und das vor allem in einem tieferen Sinn.
So wie in der Geschichte von der Frau am Brunnen,
wo das Thema vom Wasser im Brunnen
wechselt zum Wasser, das in das ewige Leben quillt,
so wechselt jetzt das Thema vom Brot für den Magen
zum Brot des Lebens.

In den Versen danach wird das Ganze reflektiert,
wie wir es vorhin in der Schriftlesung gehört haben.
„Ich bin das Brot des Lebens“, sagt Jesus,
„Wer zu mir kommt,
den wird nicht hungern;
und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“

Es geht um ein Schwarzbrot,
das Ewigkeitswert hat.
Da ist es wichtig, dass wir beim Eigentlichen sind.

Wer sein Leben hat,
Leben voller Hoffnung und Hingabe,
der hat das eigentlich Lebensnotwendige.
Und dann sind Brezeln und Sahnetorten
das Sahnehäubchen.
Dass wir es uns gut gehen lassen dürfen,
feiern wir in der Gemeinde
als Ausdruck der Freude über das Brot des Lebens in Jesus Christus.

Also den Glauben als Grundlage
und das gemeinsame Feiern und Essen als Sahnehäubchen,
nicht umgekehrt.

Ich wünsche uns,
dass wir Menschen sind,
die spüren dürfen, dass am Schwarzbrot des Lebens kein Mangel ist
und die aus dem Leben in Gott heraus
dazu beitragen, dass alle Brot haben für Leib und Seele.
Amen.

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