Predigt von Pfarrer z.A. Gunther Seibold, Urbach
Liebe SIE, lieber ER, liebe festliche Gemeinde,
Jesus
es ist schon eine Weile her,
2000 Jahre etwa, da kommt einer auf den staubigen und lauten Straßen Jerusalems
zu Jesus, dem berühmten Wanderlehrer, und fragt:
"Meister, welches Gebot ist
das wichtigste von allen?" Wie lebe ich am besten?
Und Jesus antwortet mit
zwei Zitaten aus dem alten Testamet: "Du sollst Gott, den Herrn, lieben von
ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen Kräften." Das
ist das eine. Das andere aber gehört dazu: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie
dich selbst."
Liebe hoch drei! Liebe, sagt Jesus, ist das Wichtigste und das
gleich drei Mal: Liebe Gott! Liebe deinen Nächsten! Liebe dich selbst! Wenn
diese drei die drei Seiten der einen Liebe sind, dann passt es. Das ist das
Größte! So weit diese Szene.
Paulus
Eine zweite spielt sich 20
Jahre später ab, in der Zeit des römischen Reiches, mit den griechischen
Kulturstädten.
Da kommt eine Christengemeinde durch einen Boten mit einer
Briefrolle zu Paulus. Der hatte diese Gemeinde einst gegründet und war dann nach
einiger Zeit wieder weitergezogen. Nun hatte diese Gemeinde in Korinth aber
Schwierigkeiten und Streit bekommen. Es ging um das Zusammenleben in der
Gemeinde und vor allem im Gottesdienst. Damit kommen sie zu Paulus und bitten
ihn um seinen Rat und seine Hilfe.
Paulus setzt sich hin und fertigt einen
Brief an, den die Boten aus der Gemeinde wieder mitnehmen sollen. Dort heißt es
zusammengefasst:
Kein Wunder, dass es bei euch zu Streit kommt! Alles, was
ihr tut, ist ohne Liebe bloß ein Geschepper oder ein Geschwätz. Es hat keinen
Wert. Wenn ihr Liebe untereinander hättet, wenn ihr die Liebe von Gott leben
würdet, dann hättet ihr keinen Streit,
sondern könntet euch aushalten, ja
ihr könntet freundlich sein zueinander, an einem Strang ziehen und euch die
Wahrheit offen sagen ohne zu verletzen. Die Liebe nämlich macht's! Die hört auch
nie auf. Alles andere hört einmal auf, aber die Liebe bleibt.
Paulus hat
diese Worte so literarisch kunstvoll verpackt, dass man das 13. Kapitel im
Korintherbrief das "Hohelied" der Liebe genannt hat. Ein Text, der es wert ist,
gesungen zu werden, oder mindestens jetzt einmal mit anderer Stimme vorgelesen
zu werden:
Textlesung: 1.Kor.13,1-13 (Siegrun)
Heute
Springen wir noch einmal ein
paar Jahre weiter, knappe 2000. Heute kommt ihr beiden an einem sonnigen Tag in
HIER und mit vielen Festgästen hier in der Kirche zusammen in der Gegenwart
Gottes und vor Jesus und ihr habt dieses Pauluswort mitgebracht als Motto für
diesen Gottesdienst und diesen Tag: "Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe;
diese drei; aber die Liebe ist die Größte unter ihnen."
Diese Liebe ist die
Größte und passt scheint's in so verschiedene Lebenssituationen wie in
Diskussionen mit einem Wanderprediger, wie in Streitigkeiten in der Gemeinde und
wie in das Hochzeitsfest zweier Christenmenschen.
Unter all den vielen
wichtigen und guten Dingen, die es sonst gibt, ist diese Liebe das Größte, weil
sie so universal ist, so ewig, so grundlegend und so groß.
Liebe als agape
Was ist das nun für eine Liebe?
Im Griechischen kann man das schön (auch wenn es manche schon gut kennen) durch
drei Begriffe auseinanderhalten, was im Deutschen alles pauschal mit Liebe
übersetzt wird:
Dort gibt es eros, die erotische Liebe, die Sexualität, die
den andern zieht, ihn gewinnen will.
Dann gibt es da die philia, die
freundschaftliche Liebe, das partnerschaftliche Beieinandersein, mehr auf der
geistigen Ebene.
Und die dritte Bezeichnung ist schließlich die agape.
Dieses Wort verwendet die Bibel, wenn es um die Nächstenliebe geht.
Die
agape ist die Liebe, die sich hingibt an den andern, die sich mit ihm
solidarisiert, auf ihn hört, mit ihm geht und ihm aufhilft.
Eros kann heftig
sein bis hin zu Gewaltanwendung. Philia ist mehr vergeistigt, sie kommt zum
Beispiel auch in Phil-osophie oder andern ähnlichen Worten vor.
Agape ist
dagegen die konkrete Mitmenschlichkeit, begegnet dem andern auf Augenhöhe, nimmt
ihn als Menschen und Partner ernst. Einfach so, wie Paulus hier schreibt: Die
Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt
nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie
sucht nicht das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht
zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der
Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet
alles.
Das ist die Liebe, die nicht auf Verliebte und Ehepaare begrenzt ist,
sondern die sich auch die SIEBERUF für ihre beruflichen Kontakten vornehmen
kann. Das ist sogar eine Liebe, die der ERBERUF in seinem Verhältnis zur grünen
Schöpfung leben kann.
Dass diese Liebe die Größte ist, das haben Jesus und
Paulus zum Ausdruck gebracht und dem schließt ihr euch heute an mit eurem
Trauspruch und auch mit der Tatsache, dass ihr zu eurer Hochzeit diesen
Gottesdienst feiert und die Liebe Gottes spüren wollt, zugesagt bekommen wollt
in seinem Segen.
Die Liebe Gottes in eurem Leben
Ich habe eine Zeit lang
überlegt, was ich denn als anschauliches Beispiel mit hier in den Gottesdienst
bringen könnte. Ein paar Ansätze sind mir auch eingefallen, aber dann habe ich
beschlossen, dass ich keinen Gegenstand als Zeichen für die Liebe mitbringen
will, weil heute ihr beiden als Symbol der Liebe ohne Konkurrenz bleiben sollt.
Es trifft ja auch zu und soll weiter zutreffen, dass ihr beiden nicht nur
hier seid als Symbol für eros, die geschlechtliche Liebe zwischen Mann und Frau,
nicht nur als Symbol für philia, die gute Geistesgemeinschaft. Ihr seid hier und
heute unter uns mit eurer Geschichte mit Gott und mit eurer Gemeinschaft selbst
das beste Symbol für die Liebe Gottes in eurem Leben.
Ihr begegnet heute
nicht zum ersten Mal dem Thema der christlichen Liebe. Ihr habt es im Elternhaus
oder in der Kinderkirche erfahren, wie Gottes Liebe zu den Menschen kam. Wie sie
in Jesus den Menschen ganz nahe kam und durch Jesus Gottes Liebe die Welt
erlöste.
Auf ganz verschiedenen Wegen kam diese Liebe zu euch, verbunden
auch mit Glauben und Hoffnung. Ihr habt euch im Raum dieser Liebe gerne
aufgehalten und mitgemacht in der Jugendarbeit.
Ihr wisst, wie ihr auch als
Paar gemeinsam die agape leben könnt und leben wollt, dass ihr da sein wollt
füreinander, euch weich anfassen wollt und klärend, wenn Streit einmal sein
muss.
Eure Liebe soll durchhalten und immer wieder aufblühen wie eure
Orchidee vom Valentinstag, die schon seit ein paar Jahren immer wieder kommt und
blüht.
Die Sehnsucht nach der Vollendung
Gott hat euch so manches
Zeichen der Liebe in eurem Leben geschenkt. Seine Liebe ist Gabe und Geschenk.
Diese Grundstruktur, dass die agape von den Gaben Gottes lebt, das macht sie so
groß. Sie will nicht von uns produziert, sondern durch uns gelebt werden.
Für mich macht das die Liebe Gottes auch zur unkompliziertesten Beziehung.
Beziehungen unter uns Menschen können ja immer wieder kompliziert werden, weil
wir einfach einander nicht 100-prozentig verstehen und aneinander vorbeireden.
Bei Gott gehe ich davon aus, dass er mich ganz kennt, dass ich nichts verbergen
muss vor ihm, weil es in der Liebe Gottes keine Geheimnisse gibt. Ich kann mich
von ihm ganz lieben lassen. Und wo ich mich so ganz verstanden und geliebt
wissen darf, da ist einfach eine große Klarheit.
In unserer Ehe erleben wir
das als schön, dass wir uns immer besser kennen lernen, immer mehr voneinander
wissen. Trotzdem kennen wir uns untereinander nie so ganz, immer wieder schieben
sich Geheimnisse dazwischen oder dass wir uns einfach nicht verstehen, weil wir
unterschiedliche Blickwinkel haben.
An dieser Stelle schwingt ja auch etwas
Sehnsucht in eurem Trautext mit: Da wird die Sehnsucht nach einem Zustand
genannt, in dem wir nicht mehr glauben und nicht mehr hoffen müssen. Die
Sehnsucht zielt auf einen Zustand, in dem die Liebe alles ausfüllt.
So weit
sind wir aber eben noch nicht. Wir alle nicht. Als Ehepaar werdet ihr euch immer
besser kennen lernen, aber auf dieser Welt nie ganz. Das ist der Punkt, an dem
Paulus vom Stückwerk spricht und vom unscharfen Bild eines Spiegels. Deshalb ist
es auch gut, wenn wir unsere Lebenshaltung so einstellen, dass wir von Gottes
guter Liebe her leben und nicht von unserer Stückwerksliebe aus.
Im
Gegensatz zu den Verhältnissen unter uns darf sich in Gottes Liebe jeder einzeln
schon jetzt ganz verstanden fühlen. Diese Liebe ist tatsächlich das Größte.
Glauben, Hoffen, Lieben. Ihr glaubt an eine Zukunft miteinander unter Gottes
Segen, ihr hofft auf einen guten Weg miteinander. Aber ihr dürft wissen, dass
die Liebe Gottes schon jetzt für euch da ist und dass sie auch bleibt. Davon
soll eure Liebe leben und auch euer Glauben und Hoffen.
Zusammenfassend
möchte ich im Anschluss an euren Trautext sagen: Ihr und jeder und jede von uns,
ihr könnt beschenkt von der Liebe Gottes leben. Tut alles mit der Liebe mit der
Liebe Gottes, das ist das Größte!
Amen.
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